Dingolfing im Wandel der Zeit
Vor- und Frühgeschichte um 7000 v.Chr. Funde der Jungsteinzeit in der oberen Stadt (Garten des Finanzamtes)
Dingolfing ist an der Isar gelegen, inmitten des niederbayerischen Hügellandes, 100 Kilometer nordöstlich von der Landeshauptstadt München entfern. Die Isar teilt die Stadt in die historische Altstadt und die Neustadt. Im Jahr 833 wird der Ort erstmals urkundlich erwähnt, bezeichnet als Tinguluinga mit einer Kirche und einem Königshof. Von dieser Lage her hat es seine ureigenste Ausprägung erhalten: sie beruht auf der Anlage als Doppelstadt. Um die Pfarrkirche St. Johannes liegt der älteste Bereich, vor mehr als 1200 Jahren bereits Gutshof der agilofingischen Herzöge. über den Platz eines frühen Marktgeschehens (Speisemarkt) stand er mit einer durch den Verkehr zum Isarübergang ausgebildeten Siedlung (Bruckstraße) in Verbindung. Im Jahr 1251 führte dann der bayerische Herzog Otto II. aus dem Haus Wittelsbach die eigentliche Stadtgründung in Dingolfing durch und zwar auf dem zur Isar hin vorspringenden Bergsporn: Die heutige Obere Stadt. Beide Wohnstätten und ihre Befestigungen wurden bald darauf verbunden, nachdem 1265 die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen waren.
Seit Ende des 13. Jahrhunderts entstanden auch jenseits der Isar Siedlungsstellen, die sogenannten Schwaigen von Goben bis Sossau, die als hauptsächlich viehwirtschaftlich genutzte Betriebe in wenigen Beispielen sogar noch in unsere Zeit hineinragen. Die geschlossene Siedlungsweise innerhalb des alten Berings der Stadtmauern mit den Vorstädten Fischerei und Gries ist hier jedoch seit einigen Jahrzehnten diesseits und jenseits der Isar von breit gestreuter Wohnbebauung abgelöst. Die bäuerliche Struktur der Schwaigdörfer wurde von Industrieansiedlungen fast vollständig überlagert. Trotzdem fügt sich das von einer mittelständischen Kleinstadt zum führenden Industriezentrum Bayerns gewandelte Dingolfing immer noch ein in die umgebende Landschaft und in die gewachsene Tradition.
Die Altstadt lag einst in den wehrhaften Klammern ihrer Mauer, die in bestimmten Abständen mit stämmigen Türmen besetzt war. Tore öffneten sich dem Ein- und Ausreisenden. Größere Teile dieser alten Befestigung sind noch heute vorhanden, die als Baudenkmal bedeutsame Hochbrücke führt wie eh und je von Süden her in die Obere Stadt. Hinter dem einst schützenden aber auch beschränkenden Mauergürtel scharen sich die Baulichkeiten der Bürger um die Zeichen ihres ausgeprägten Selbstbewusstseins. Hier überragt die spätgotische Stadtpfarrkirche St. Johannes mit ihrem mächtigen Langhaus alle Firste der Unterstadt. Aber erst der hochaufstrebende Turm weist schon in der Ferne dem Heimkehrenden die Richtung. Gegenüber, am Rand der Oberstadt, baut sich als Wahrzeichen der Storchenturm auf. Aus der Fläche gleichgerichteter Dächer erheben sich einzelne Steilgiebel, stets ein bedeutendes Gebäude anzeigend wie etwa die Herzogsburg mit ihrer prächtigen Westfassade. Sie diente einst als Absteigequartier der niederbayerischen Herzöge und war neben dem Rathaus Mittelpunkt des öffentlichen Lebens.
Dingolfings große Zeit ersten Wachstums waren die Jahrhunderte von etwa 1350 bis 1600. Im Zeitalter der späten Gotik blühten Handel und Wandel, der Gewerbefleiß ihrer Bürger in Textil- und Lederverarbeitung verschaffte der Stadt einen gewissen Reichtum. Dieser wiederum ließ kulturelle und soziale Leistungen erstehen. Die von den Herzögen erteilten Privilegien und Gunstbeweise förderten die Selbstverwaltung und füllten auch den Stadtsäckel zur Bewältigung kommunaler Aufgaben.
Die Aufwärtsentwicklung des Gemeinwesens der Stadt Dingolfing wurde jedoch durch die großen Kriege der europäischen Mächte seit dem 17. Jahrhundert empfindlich gestört. Der Dreißigjährige, der Spanische und der österreichische Erbfolgekrieg verursachten schweren materiellen Schaden und dezimierten durch Seuchen die Bevölkerung.
Am 16. Mai 1743 sank Dingolfing zum größten Teil in Schutt und Asche als es von österreichischen Truppen beschossen, geplündert und angesteckt worden war. Ein Wiederaufstieg gelangte kaum zur Wirkung als mit den drückenden Lasten, Quartierkosten und Abgaben während der Napoleonischen Kriege der verarmten Bürgerschaft neue Schwierigkeiten entgegentraten. Die Säkularisation des 1640 hier gegründeten Franziskanerklosters sowie die Auflösung des Verwaltung und Justiz über Stadt und Umland übenden Pfleggerichts 1802/03 brachten weitere wirtschaftliche Beeinträchtigungen. Missernten und Teuerungsjahre 1816/17 taten ein übriges, um den Tiefstand in Dingolfings langer Geschichte herbeizuführen.
Eine allgemeine Wende im Wirtschaftsleben jener Zeit eröffnete aber seit Mitte des 19. Jahrhunderts neue Hoffnung für die Zukunft. Die Verbesserung der Verkehrsbeziehungen durch die Errichtung von Eisenbahnen und den Bau neuer Straßen trug wesentlich dazu bei, daß sich jetzt Ansätze jenes Gewerbezweigs bilden konnten, der seither die gesamte Existenz der Stadt beherrscht: die Industrie. Hand in Hand damit ging die Verbesserung der verwaltungstechnischen, kulturellen und sozialen Verhältnisse am Ort. Neu- und Umbauten, ferner der Abbruch hinderlicher Bausubstanz, dem jedoch leider unersetzliche historische Werte zum Opfer fielen, begannen ein anderes Bild der Stadt zu zeichnen.
Aus einer Reparaturwerkstätte für Landmaschinen entstand seit 1905 Dingolfings größter Industriebetrieb - die Glaswerke - die nach dem Zweiten Weltkrieg die Produktion von Motorrollern und Automobilen aufnahmen. 1967 gingen sie in Besitz der Bayerischen Motoren-Werke AG über, die nun mit hohen Investitionen den Ausbau zur heutigen Kapazität führte und im Isarmoos, gegenüber der Stadt, eines der modernsten Automobilwerke errichten ließ.
Diese rasch steigende Entwicklung der Industrie und der starke Zustrom von Neubürgern hat nach 1945 in Dingolfing wie in keiner anderen Stadt Niederbayerns eine Neubelebung des Wohnungsbaus gefördert. So bildeten sich weitere Ansiedlungen nordwestlich und nordöstlich des Altstadtkerns, besondere Ausweitung aber erfuhr die "Neustadt" im Gebiet der alten Schwaigdörfer und auf den sogenannten Schwammerl- und Sossauer-Wiesen, sowie im Bereich Höll-Ost. In den letzten Jahren entstanden zudem neue Baugebiete - wie das Brunnerfeld und die Ennserstraße. Der davon bedingte Ausbau der städtischen Infrastruktur, die Maßnahmen öffentlicher Versorgung, der Bau von Schulen, Kindergärten, Kranken- und Altenheimen ließ Dingolfing zum Mittelzentrum eines größeren Umlandes als je zuvor werden.