Synode von Dingolfing
Die Synode von Dingolfing um das Jahr 770 wurde unter dem Herrscher Tassilo III. abgehalten. Deren Beschlüsse sind erstmals verzeichnet im Codex latinus monacensis, BSB 19415. Der Codex ist eine Pergament-Handschrift, die mehrere Textsammlungen enthält, wie z.B. die Lex Baiuvariorum, entstanden in Freising zur Zeit Bischof Hittos (811-836), wie auch die Dekrete der Synode von Dingolfing und eine Gebetsverbrüderung der damals existenten und in Dingolfing anwesenden Bischöfe und Äbte, verfasst im 11. Jahrhundert und deponiert im Kloster Tegernsee. Das Original ging im Jahre 1803 im Zuge der Säkularisation in das Eigentum der Bayerischen Staatsbibliothek über.
Lateinische Abschrift, stilistisch ergänzt.
(Deutsche Übersetzung am Ende des Textes)
Haec sunt decreta, quae constituit sancta synodus in loco qui dicitur Dingolvinga domino Tassilone principe mediant.
I. De die dominico ita constituit, ut tali honore habeatur, sicut in lege scriptum est et in decretis canonum. Et si quis praesumpserit frangere contra legem aut decreta canonum, tali poena subiaceat, sicut ibi scriptum est.
II. De hereditate, quae tradita est ad ecclesiam, ita constituit. Quisquis hereditatem suam ad ecclesiam ante donaverat aut postea donaverit, si quis mutare voluerit, cartam suam habeat ita scriptam, ut locum et tempus et personam habeat, aut cum 3 testibus fidelibus et nobilibus testificetur. Si sacerdos non habeat cartam nec testem, ut supra diximus, tunc sicut in lege baiuvariorum et iudex iudicat, sic defendat.
III. De eo quod episcopi iuxta canones et abbates monasteriorum iuxta regulam viventes ita constituit.
IV. De eo quod sanctae moniales, quae in servitio Dei sunt, ita constituit: ut nullus ausus sit in coniugium in matrimonium ducere. Aut si quis ausus fuerit contra decreta canonum, ita conponat sicut canones decreverint.
V. De eo quod ius ad legem, quam habuerunt in diebus patris sui nobiles et liberi et servi eius, ita donaverat ut firma fieret.
VI. De eo quod, ut si quis de nobili genere de hereditate sua voluisset dare ad sanctuarium Dei, in sua potestate esset, nemo prohibuisset nec mutaret in perpetuum.
VII. De eo quod, ut servi principis qui dicuntur adalscalhae, ut habeant suam werageldam iuxta morem, quem habuerunt sub parentibus; et ceteri minores werageldi iuxta legem suam: ita constituit.
VIII. De eo quod parentes principis quodcumqe praestatum fuisset nobilibus intra Baiuvarios, hoc constituit ut permaneret et esset sub potestate uniuscuiusque relinquendum posteris, quamdiu stabiles foedere servassent apud principem ad serviendum sibi, et haec firma permaneret: ita constituit.
VIIII. De eo ut nullus hereditate sua privetur, nisi per tres causas, quas in pacto scribentur et propter homicidium: hoc est ut quisquis hominem principis sibi dilectum occiderit ob iniuriam principis ad calumniam: hominem conponat secundum legem, tunc privetur hereditate sua.
X. De eo quod si quis servus mulierem nobilem acceperit in coniugium, et non praescivit: ita constituit, ut iterum libera esset, [et] dimittat servum, et postea non redigatur in servitium, sed esset libera.
XI. De eo quod et si quis de qualecumque reatu accusatus ab aliquo, potestatem accipiat cum accusatore suo pacificare si voluerit, antequam pugnam, quam vocant wehadinc fixe promittat.
XII. De eo quod quisquis de nobili genere reus deprehensus fuerit de illis 4 causis, de qua supra scripsimus: si ille hereditate sua protionem pro illius criminis reatu perdat, uxor tamen illius suo iure non privetur: ita constituit.
De collaudatione, quam episcope et abates in Baioaria inter se fecerunt pro defunctis fratribus
In Christi nomine notitia, qualem convenientiam gentis Baiuvariorum episcopi et abbates inter se fecerunt, quorum nomina infra perarare stilo decrevimus: id est Manno, Alim Virgilius, Wisurih, Sindperht, Heres episcopi; Oportunus, Wolfperht, Adalperht, Atto, Utto, Lantfrid, Alpuni, Roadhart, Ernust, Reginperht, Wolchanhart, Perahtcoz, Sigidio abates. Ut eorum quis de hac luce migraretur, unusquisque superstitum episcoporum vel abbatum pro defuncto in domo suo, id est episcopale vel cenobio 100 missas speciales, et eodem numero psalteria cantare faciat; ipse vero de propria persona sua 30 speciales missas compleat, vel a religiosis sibimet subiectis implere omnino prenotatum faciat numerum. Presbiteris autem sive monachis, cum de hoc saeculo migraverint, episcopus seu abbas uno presbitero vel uno monacho 30 missas speciales, totidem, psalteria faciant celebrare.
Deutsche Übersetzung (mit Erläuterungen)
Die sind die Dekrete, welche auf der kirchlichen Synode in Dingolfing unter dem Herrscher Tassilo festgesetzt wurden.
1. In Bezug auf den Sonntag hat sie beschlossen, dass er so geehrt werden soll, wie es das Gesetz und die Dekrete der Kanones fordern, und wer es wagt, das Gesetz oder die Dekrete der Kanones zu übertreten, der soll mit der dort geschriebenen Strafe belegt werden. (Es soll ihm der rechte Ochs abgenommen werden. Wenn er ein Freier ist und am Sonntag fährt oder mäht, so soll es ihm verwiesen werden, im Wiederholungsfalle soll er fünfzig Schläge auf den Rücken bekommen und das dritte Mal leibeigen werden. Ein Knecht soll das zweite Mal mit Abhauung der Hand bestraft werden.)
2. In Hinsicht auf die Erbschaft, welche an die Kirche vermacht wird, befiehlt die Synode, dass, wer immer eine Erbschaft zur Kirche geschenkt hat, oder in Zukunft schenken wird, wenn er mit seinem Eigentume eine Änderung vornehmen will, die darüber ausgestellte Urkunde (Er soll die Urkunde mit eigener Hand bestätigen und Zeugen dazu nehmen; diese sollen die Hand auf die Schrift legen und ihren Namen unterschreiben; dann soll er die Schrift auf den Altar legen und so in Gegenwart des Priesters der Kirche übergeben. Thl.l.Kap.l.) mit der Angabe des Ortes, der Personen und mit der Unterschrift von drei redlichen und adeligen Zeugen nach der Vorschrift, die wir gegeben haben, dann soll der Richter nach dem bajuwarischen Gesetz urteilen und der Priester sich nach verteidigen.
3. Bischöfe sollen nach Weisung der Kanones, Äbte aber in den Klöstern nach der Regel leben.
4. Die Gott geweihten Jungfrauen, welche im Dienste Gottes stehen, soll Niemand sich unterfangen, zur Ehe zu nehmen, oder wenn Jemand dieses Wagstück gegen die Kanones versucht, soll er auch nach der Vorschrift des Kanons büßen. (Musste sie zurückgeben und dem Kloster doppelte Buße zahlen).
5. Adelige, Freie und Sklaven sollen die Befugnis haben, bei Lebzeiten ihrer Väter giltige Geschenke zu machen.
6. Sollten aber Adelige ihre Erbschaft zum Heiligtume des Gottes vermachen, so soll dieses in ihrer Gewalt stehen. Niemand soll es vermehren, noch in Ewigkeit mehr ändern können.
7. Diener des Fürsten, welche Adelsschalken heißen, sollen nach alter Sitte das Strafgeld für einen Todschlag fordern können; deshalb auch die minderen Diener nach Weisung des Gesetzes.
8. Die den Adeligen innerhalb Bojarien von den Voreltern gemachten Geschenke wollen nicht widerrufen werden können, sondern mit vollem Rechte auf die Nachkommenschaft übergehen, solange sie im Dienste des Fürsten und in der Treue bleibt.
9. Niemand soll einer Erbschaft beraubt werden, außer wegen drei Ursachen, wegen eines Todschlags, wenn einer des Fürsten Liebling mordet, wegen dessen Beleidigung oder Lästerung. Der Getötete soll nach dem Gesetze gebüßt werden, und dann die Erbschaft verloren gehen.
10. Wenn ein Sklave eine adelige Frauenperson heiratet, soll sie, wenn sie nicht vorher wusste, dass er ein Sklave war, wieder frei sein, ihn verlassen können und hernach nicht wieder zur Sklavin gemacht werden, sondern frei bleiben.
11. Wer von Jemanden was immer für eines Vergehens beschuldigt wird, der soll die Sache mit seinem Kläger in Frieden ausmachen können, ehe er sich zu dem Streit, Vuehadink (Zweikampf) genannt, anheischig macht.
12. Wird ein Adeliger wegen der drei obengenannten Ursachen schuldig befunden und zur Strafe für das Vergehen seines Anteils an der Erbschaft verlustig, so soll der Gattin ihr Recht unverletzt bleiben.
Gebetsverbrüderung - Synodalteilnehmer
Die Namen der Adeligen, Freien, der Stände des Reiches, die auf dieser Synode sich eingefunden, sind nicht auf uns gekommen. Ein Zufall hat uns die Namen der Bischöfe und Äbte erhalten, die demselben anwohnten, nämlich ein Meß- oder Totenbund, den sie bei dieser Gelegenheit abgeschlossen, und dem sie ihre Namen beigesetzt hatten.
Über die Übereinkunft, welche die Bischöfe und Äbte in Bayern für ihre verstorbenen Brüder vereinbart haben
„Im Namen Christi. Nachricht, was für einen Vertrag Bojariens Bischöfe und Äbte unter sich gemacht haben, deren Namen unten anzufügen, beschlossen worden ist, da ist Manno von der Stadt Niuvenburg (Neuburg, es war bis um das Jahr 800 neben Augsburg ein selbstständiges Bistum), Alim, Virgilius, Viserich, Simpert, Herres, die Bischöfe; Oportunus, Wolfprecht, Adalprecht, Ato, Uto, Landfrit, Albuin, Ruothart, Ernest, Reginprecht, Volkanhart, Perkos, Sigido, die Äbte. Wenn Einer von ihnen aus der Welt scheidet, soll jeder der noch lebenden Bischöfe oder Äbte in seiner Dom- oder Klosterkirche 100 Privatmessen lesen oder lesen lassen. Wenn Geistliche oder Mönche aus der Welt scheiden, soll der Bischof oder Abt für jeden dreißig Privatmessen lesen." Aus anderweitigen Urkunden weiß man auch größtenteils die Sitze dieser Bischöfe und Äbte. Alienus war Bischof von Seben (Brixen). Virgil zu Salzburg, Viserius zu Lorch, Herres (Haeres Cyrinus, wie er sich selbst nennt, althochdt. Aribo oder Erbe) war Bischof zu Freising, Simpert zu Regensburg. Der Bischof von Eichstädt, dessen Gebiet größtenteils im Lande der Franken lag, erschien nicht. Oportunus war Abt zu Mondsee, Wolfprecht zu Niederaltaich, Adalbert zu Tegernsee. Die Sitze der Übrigen sind nicht mit Zuverlässigkeit anzugeben. Nach Aventin war Ato aus Schlehdorf, Uto zu Ilmmünster, Landfrit zu Benediktbeuern, Albuin zu Sandau, Rudhart zu Wessobrunn, Ernst zu Oberaltaich, Reginpert oder Reinwerth zu Pfaffenmünster, Volkenhart zu Osterhofen, Perkos zu Chiemsee und Sigido zu Weltenburg.
Gez: Rettenbeck, Stadtarchiv Dingolfing, 2015